Die Jagd nach dem Element 119

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Das Periodensystem der Elemente ist ein grundlegendes Ordnungsschema aller bekannten chemischen Elemente. Aktuell enthält es 118 Elemente. Das schwerste, Oganesson, wurde 2016 offiziell ins Periodensystem aufgenommen.

Wissenschaftler erforschen seit Jahrzehnten, welches das schwerste Element ist, das existieren kann und haben auf dem Weg zu diesem Ziel eine Vielzahl neuer Elemente herstellen können. Das Rennen nach immer schwereren Elementen ist eine spannende wissenschaftliche Jagd – aktuell nach den Elementen 119 und 120.

Daran angelehnt ist das Spiel „Die Jagd nach dem Element 119!“ entstanden. Dieses Spiel ist an das klassische Leiterspiel angelehnt und ist für 2-4 Spieler gedacht. Eine Datei zum selber ausdrucken findet sich hier oder per Mausklick auf das Bild unten; diese enthält auch die Spielanleitung.

Wie im Leiterspiel, gibt es auch in der „Jagd nach 119“ Verbindungen von einem Elementkästchen (hier in rot) zu einem anderen (hier in blau).

Nachstehend einige Hintergrundinformationen zu diesen Sprüngen, wobei meist auf entsprechende Wikipedia-Artikel verwiesen wird.


He → C

Die Elementsynthese in der Natur führt über das Verschmelzen dreier Atomkerne des Heliums (He; Element 2) zu einem Kern des Kohlenstoffs (C, Element 6). Dieses Heliumbrennen (auch als Drei-Alpha-Prozess oder Salpeter-Prozess bezeichnet) findet in Sternen in späten Entwicklungsphasen auf und wird beispielsweise in mehreren Milliarden Jahren auch in der Sonne ablaufen.

Quelle: Wikipedia


N → Ga

Galliumnitrid, das aus Gallium (Ga, Element 31) und Stickstoff (N, Element 7) besteht, ist ein Halbleiter, der beispielsweise Anwendung findet in der Herstellung von weissen Leuchtdioden. Als Meilenstein zu diesem Durchbruch erwies sich die Entwicklung blauer LEDs, wofür der Nobelpreis für Physik 2014 an Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura verliehen wurde.


Ne → Xe

Ein weiterer Sprung aus der Welt der Lichttechnik: Die klassischen Neon-Röhren (Ne, Element 10) sind wohl bekannt. Allerdings leuchten mit Neon gefüllte Leuchtröhren rot-orange, während die weißen Leuchtröhren mit Quecksilberdampf gefüllt sind, dessen Emission einen Leuchtstoff anregt. Zudem wird Neon häufig durch das billiger herzustellende Argon (Ar, Element 18) ersetzt. Auch Xenon (Xe, Element 54) wird als Füllgas von Lampen eingesetzt, u.a. bei der Xenon-Gasentladungslampe, die beispielsweise in Filmprojektoren, Blitzlichtern und in Autos Verwendung findet.


Ca → Ti

Die schwersten aktuell bekannten Elemente 114 (Fl,Flerovium, siehe auch hier) bis 118 (Og,Oganesson) wurden durch Fusion von Kernen des Isotops Ca-48 (Calcium,Element 20) mit Kernen der Elemente Plutonium(Pt, Element 94) bis Californium (Cf; Element 98) erzeugt, darunter auch in Experimenten am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt (s. Infos zu Element 115 (Mc, Moscovium) und Element 117 (Ts, Tenness)). Elemente schwerer als Californium können nicht in ausreichenden Mengen erzeugt werden, um in analogen Kernfusionsexperimenten verwendet werden zu können. Für die Herstellung von Elementen jenseits des Oganessons mit dem bewährten Ca-48 wäre dies aber notwendig. Deshalb bedingt die Jagd nach Element 119 die Verwendung eines schwereren Projektils als Ca-48. Als einer der Favoriten gilt das Isotop Ti-50 (Titan, Element 22). Experimentell verlässlich zu ermitteln, welche Kernreaktion zur Synthese neuer superschwerer Elemente den größten Erfolg verspricht, ist ein Forschungsschwerpunkt unserer Gruppe.


Cu → Nb

Die Erforschung der schwersten Elemente erfolgt an Beschleuniger-Forschungszentren wie am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Die Entwicklung immer leistungsfähigerer Beschleuniger, welche intensivere Ionenstrahlen erzeugen können, ist ein wichtiges wissenschaftliches und technologisches Arbeitsgebiet an Zentren wie der GSI. Der UNILAC-Beschleuniger, seit Jahrzehnten das Arbeitspferd für die Erforschung schwerer Elemente, beruht auf „warmen“ Stromleitern auf Kupferbasis (Cu, Element 29). Zukunftskonzepte, wie sie z.B. am Helmholtz Institut Mainz, entwickelt werden, beruhen oft auf gekühlten supraleitenden Strukturen aus Niob (Nb, Element 41). Auf dieser Basis werden aktuell neuartige Kryomodule gebaut und getestet.


As → P

Dass Arsen (As, Element 33) giftig ist, ist wohlbekannt. Ein Aspekt ist, dass Arsen Phosphoratome (P, Element 15) im Adenosintriphosphat (ATP) ersetzt und so in den Energiehaushalt der Zellen eingreift. Damit geht’s im Spiel einen Sprung zurück.


Mo → Sg

Eine interessante Frage ist diejenige nach der chemischen Ähnlichkeit der superschweren Elemente mit den jeweiligen leichteren Homologen. In Gruppe 6 ist dies beispielsweise die Ähnlichkeit von Seaborgium (Sg, Element 106) zu Molybdän (Mo, Element 42) und Wolfram (W, Element 74). Ein Forschungsthema unserer Arbeitsgruppe betrifft die Bildung und chemischen Eigenschaften von Seaborgium-Carbonylkomplexen. Methodenentwicklungen erfolgen teilweise in Experimenten mit kurzlebigen Molybdän-Isotopen, die in der neutroneninduzierten Spaltung geeigneter Actinidentargets am Forschungsreaktor TRIGA Mainz.


Pd → Au

Weißgold als Sammelbegriff bezeichnet Goldlegierungen1, die durch Beimischung deutlich entfärbender Zusatzmetalle eine weiß-blassgetönte Goldlegierung ergeben. Als Legierungszusätze werden hauptsächlich […] Palladium2, (früher sehr häufig) Nickel3 oder bei niedrigen Goldgehalten Silber4 verwendet.
Quelle: Wikipedia

1Gold: Au, Element 79; 2Palladium: Pd, Element 46; 3Nickel: Ni, Element 28; 4Silber: Ag, Element 47


I → Te

Das Elementepaar Tellur (Te, Element 52; rel. Atommasse 127.60(3) u) und Iod (I, Element 53; rel. Atommasse 126.90447(3) u) ist eines von drei Paaren, bei denen das an zweiter Stelle stehende Element (in diesem Fall Jod) eine geringere relative Atommasse aufweist, als das an erster Stelle stehende. Dies war z.B. relevant bei der Entwicklung des ursprünglichen Periodensystems von Dmitri Mendeleyev, in dem die Elemente nach relativer Atommasse angeordnet waren. Aufgrund der chemischen Eigenschaften stand aber auch in seinem Periodensystem das Tellur unter den Chalkogenen, und das Iod unter den Halogenen, da Mendeleyev den betreffenden Massebestimmungen nicht vertraute.
Seine Vorhersage, dass die Atommasse des Tellurs korrigiert werden müsse, weil sie gemäß seinem System nicht 128 sein könne und vielmehr zwischen 123 und 126 liegen müsse, trat jedoch nicht ein.

Periodensystem von Dmitri Iwano­witsch Mendeleyev von 1869.
Quelle: Wikipedia

(Nachgezeichnetes) Periodensystem von D. Mendeleyev in Tabellenform von 1871 (B. Schausten / GSI).
Quelle: "Die periodische Gesetzmäßigkeit der chemischen Elemente" von D. Mendelejeff in: Annalen der Chemie und Pharmacie, Supplementband 8, zweites Heft, 1872, S. 133–229.


Cs → Sr

Die Zeit wird u.a. basierend auf Messungen durch ein Netzwerk von Atomuhren festgelegt. Diese basieren bspw. auf Cäsium–(Cs, Element 55), neuerdings aber öfter auch auf Strontium-basierten (Sr, Element 55) Uhren. Aktuelle Entwicklungen verfolgen das Ziel, eine auf dem Grundzustandsübergang des ausserordentlich tief liegenden niedrigsten angeregten nuklearen Zustands im Isotop Thorium-229 basierende „Kern“-Uhr zu entwickeln.


Pm → Tc

Promethium (Pm, Element 61, siehe auch Lanthanoide) und Technetium (Tc, Element 43) sind die beiden leichten Radioelemente, also Elemente, die kein stabiles Isotop besitzen und darum immer nur radioaktiv vorkommen.


Ir → Rh

Das superschwere Mitglied der Gruppe 9, Meitnerium (Mt, Element 109), wurde bisher noch nicht chemisch untersucht. Neben geringen Produktionsraten und kurzen Halbwertszeiten kommt in Gruppe 9 als zusätzliches Problem hinzu, dass sich die beiden leichteren Homologen in dieser Gruppe, Rhodium (Mt, Element 109) und Iridium (Ir, Element 77) in ihren Eigenschaften stark voneinander unterscheiden. Bei den anlogen Elementen Zirconium (Zr, Element 40) und Hafnium (Hf, Element 72) in Gruppe 4 und Ruthenium (Ru, Element 44) und Osmium (Os, Element 76) in Gruppe 8, welche für die Entwicklung der chemischen Experimente mit den korrespondierenden Transactinoiden Rutherfordium (Rf, Element 104) und Hassium (Hs, Element 108) herangezogen wurden, sind die Unterschiede deutlich geringer. Die Entwicklung eines geeigneten chemischen Systems für die erstmalige Untersuchung von Meitnerium erscheint deshalb komplizierter.


Hg → Cn

Das am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt  entdeckte Element Copernicium (Cn, Element 112) folgt in seiner Flüchtigkeit dem Trend, der in Gruppe 12 durch die leichteren Homologen Zink, Cadmium und Quecksilber etabliert wird. Dies konnten Wissenschafler vom Paul Scherrer Institut in Villigen, Schweiz, in Experimenten am Flerov Laboratory of Nuclear Reactions (FLNR) in Dubna, Russland, zeigen. Copernicium ist das flüchtigste Mitglied der Gruppe 12; aus den erhaltenen Daten wurde sein Siedepunkt auf (84±110)°C geschätzt.


Pb → Fl

Die Untersuchung der chemischen Eigenschaften von Flerovium (Fl, Element 114) ist eines der Hauptgebiete der Erforschung der Transactinoiden-Chemie. Die Struktur des Periodensystems basiert darauf, dass untereinanderstehende Elemente ähnliches chemisches Verhalten zeigen. Aus diesem Grund sollte Flerovium als Homologes des Blei (Pb, Element 46) ein Metall sein. Sogenannte „relativistische Effekte“ könnten aber zu einem deutlich unreaktiveren Verhalten führen. Seit 1975 gibt es Vorhersagen, das Element 114 könnte sich sogar edelgasähnlich verhalten. Experimente mit Flerovium, Blei und Radon an der GSI Darmstadt haben gezeigt, dass Flerovium tatsächlich deutlich weniger reaktionsfähig ist, als sein leichteres homologes Blei; es ist aber nicht so reaktionsträge wie ein Edelgas.


Ra → Rf

Vor der Entwicklung des Actinoidenkonzepts durch Glenn T. Seaborg existierte die entsprechende Elementserie im Periodensystem nicht. In einem Periodensystem vom Lawrence Berkeley Laboratory von 1939 (Bezeichnung XBL 769-10601) folgten in der 7. Periode dem Radium (Ra, Element 88) in Gruppe 2 und Actinium (Ac; Element 89) in Gruppe 3 direkt das Thorium (Th, Element 90) in Gruppe 4, welches unter dem Hafnium (Hf, Element 72) stand. Nach dem Thorium folgte Protactinium (Pa, Element 91) in Gruppe 5 und Uran (U, Element 92) in Gruppe 6. Der indirekte „relativistische Effekt“ führt in diesen Elementen dazu, dass höhere Oxidationszustände zugänglich sind, als in den frühen Lanthanoiden – unter welchen diese Elemente heute stehen. An dem Platz, welcher früher das Thorium einnahm, ist heute Rutherfordium (Rf; Element 104) im Periodensystem zu finden.

Farbig dargestellt sind in diesem Periodensystem die im Text oben erwähnten Elemente
(B. Schausten/GSI).
Es basiert auf einem nur als internes Dokument verbreiteten Periodensystem (XBL 769-10601 bezeichnet) des Lawrence Berkeley Laboratory aus den späten 1930er Jahren vor dem 2. Weltkrieg.
Quelle: https://www.meta-synthesis.com


U → Ba

Nach der Entdeckung, dass Neutronenbestrahlung Elemente aktiviert, was durch einen Beta-Minus-Zerfall zur Bildung des um eine Einheit schwereren Elements führt, wurde durch die Bestrahlung des schwersten damals bekannten Elementes Uran (U, Element 92) versucht, das erste Transuran herzustellen. Dabei dominierte dann allerdings die neutroneninduzierte Kernspaltung von Uran-235 die Prozesse. Kernchemische Untersuchungen führten nach längerem zum Ergebnis, daß in der betreffenden Bestrahlung kein Element in der Nähe des Targets (Uran) – wie bspw. das Radium (Ra, Element 88) – sondern vielmehr das Barium (Ba, Element 56) produziert wurde.


Bk → Ts

Das schwerste am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt  hergestellte Element ist das Tenness (Ts, Element 117). Dieses wurde durch die Bestrahlung des künstlichen Elements Berkelium (Bk, Element 97) mit Calcium-Ionen (Ca, Element 20) am gasgefüllten Separator TASCA erzeugt.


No → Cm

1957 berichtete eine internationale Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift "Physical Review" über eine erfogreiche Erzeugung eines neuen Elements am Stockholmer Nobel-Institut für Physik. Dieses Element nannten sie Nobelium (Nb, Element 102), "in Anerkennung von Alfred Nobels Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung und nach dem Institut, an dem die Arbeit geleistet wurde."
In den folgenden Jahren gab es noch mehrmals Berichte über erfolgreiche Experimente in Berkeley (u.a. Seaborg, USA) und im sowjetischen Dubna (Flerov), begleitet auch von mehreren Namensvorschlägen. Da sich der Name Nobelium aber bereits durchgesetzt hatte wurde er Ende August 1997 von der IUPAC endgültig bestätigt. Das Curium (Cm, Element 96) hat auch eine Verbindung zu Alfred Nobel, erhielten doch seine Namensgeber Pierre und Marie Curie im Jahre 1903 zusammen mit Antoine Henri Becquerel den Nobelpreis in Physik für die Entdeckung der Radioaktivität.
Phys. Rev., 1957, 107 (5), S. 1460–1462


Og → Lv

Das schwerste bekannte Element, Oganesson (Og, Element 118), zerfällt durch Alpha-Zerfall in das Element Livermorium (Lv, Element 116).
Oganesson und Seaborgium (Sg, Element 106) sind die einzigen Elemente, welche nach einem Wissenschaftler noch zu deren Lebzeiten benannt wurden.